Prost!
In jedem Reiseführer wird vor gedankenlosem Konsum von indischem Wasser gewarnt. Bloß kein Getränk mit Eiswürfeln! Beim Zähneputzen mit Leitungswasser ausspülen? Um Himmels Willen!
Entsprechend bekommen die Japaner, und so auch ich, in der Kantine ein Glas (aus Glas) und eine eigene Flasche Wasser an den Platz gestellt.
Die indischen Kollegen schenken sich Wasser aus Blechkrügen in Blechbecher, die auf den Tischen auf lustigen Plastikrondellen hängen. Das Wasser in den Blechkrügen wird von den herumlaufenden Dienern aus großen 20L- und 25L-Flaschen nachgefüllt. Da ich in der ersten Woche keine Möglichkeit hatte eigenes Wasser zu kaufen, fragte ich, ob ich die Flasche aus der Kantine mitnehmen dürfe, was natürlich gastfreundlich bejaht wurde.
Auch in den folgenden Wochen, nahm ich immer die Flaschen aus der Kantine mit ins Büro, brachte dann aber auch inzwischen erworbene, eigene Flaschen mit.
Das führte dazu, dass sich im Tagesverlauf durchaus mehrere Flaschen unter meinem Schreibtisch ansammelten.
Als ich beim Verlassen des Büros einmal eine leere und eine halbvolle Flasche bei mir trug, um mich via Mülleimer von der einen zu trennen, feixte einer der indischen Kollegen: "Ohh, Frank-san, are you collecting bottles?!"
Beim Mittagessen erkundigte ich mich bei einem Kollegen, was eigentlich der Unterschied zwischen dem Wasser in den großen 20L-Butteln und den Kleinen sei.
Keiner, das Kleine sei nur Markenwasser, antwortete er mit einem Anflug von Missgunst in der Stimme, dass ich die Sonderstellung mit den Extra-Flaschen scheinbar befürworten würde.
In den folgenden Tagen beobachtete ich zwei Aktionen, die in Kombination meinen Blick einen kurzen Moment mit dem Licht der Erkenntnis erhellten.
Zum einen zog einer der Diener die Flaschen, deren Zukunft ich eher im Recyclat oder dem thermischen Recycling sah, aus dem Mülleimer und trug sie mit stolzem Gesichtsausdruck ob der fetten Beute aus dem Büro.
Zum anderen füllte eben jener Diener eben jene Flaschen in der Kantine an einem der großen Wasserspender wieder auf, verwischte seine Spuren mit einem gerissenen Schlingerkurs durch die Kantine und offerierte mir just eine der frisch gezapften Wasserflaschen.
Und ich bin mir sicher, der Kollege, der mir das als "Markenwasser" verkaufen wollte, wusste bescheid.
Am darauf folgenden Shopping-Trip mit den Japanern besorgte ich mir Wasserflaschen einer Marke, die ich in der Firma noch nie gesehen habe. Diese hüte ich wie meinen Augapfel: ich fülle sie lediglich selber auf (denn dass ich das Wasser gut vertrage, zeigten die Blind-Tests der vorangegangenen Wochen) und ich entsorge nie eine dieser Flaschen in der Firma.
Gut dass wir das geklärt haben.
Gut dass ich 2h an einer japanischen Telefonkonferenz teilnehmen durfte und Zeit zum Schreiben dieses Textes hatte. Mein Name fiel ein paar mal, ich hebte jedes mal den Kopf und nickte.
es ist sehr schön auf diesem weg mal ihre arbeitssituation in der ferne mitzukriegen!
ich kommentier nicht jeden text aber lese alle und manchmal muss ich über die "diener" schon schmunzeln.
die wasserstory ist die krönung!
ich drück ihnen die daumen, dass sie nicht verlängern müssen.
grüße aus dem feuchtkalten franken!
Den Kollegen Daheim schicke ich die Stories ab und an per Mail, die kringeln sich auch immer.
Ist schon schlicht und ergreifend anders hier.