Wie ist es bei Ihnen?
Mich würde mal interessieren, wie es in anderen Betrieben um die offene Kommunikation steht.
Ich stehe in meiner aktuellen Funktion in regem Kontakt mit dem Kunden (also nicht denen bei Aldi an der Kasse) und scheide in drei Wochen aktiv aus der Firma aus.
Bis jetzt habe ich von oben einen Maulkorb bekommen, was das Ansprechen meines Weggangs aus der Firma anbelangt. Ich witzle schon dauernd, dass in ein paar Wochen bei einem der Regeltermine die Kunden fragen, wo denn der Herr Groß sei, was dann meine Kollegen mit irritiertem Achselzucken beantworten.
Ich persönlich halte das vom Umgang her und dem Vertrauensverhältnis zum Kunden hin für ein absolutes Fiasko und bevorzuge den offenen Umgang mit dem Thema. Ein möglichst langes Verschweigen ändert ja nichts an der Situation, sondern verärgert eher, wenn es so weit ist.
Wie ist das denn bei Ihnen so? Ist das nur bei uns so bekackt?
Oder versteht jemand die Taktik und kann sie mir erklären?
Ich selber war nie festangestellt und kann daher nicht mit Erfahrungen aus erster Hand aufwarten. Weiß aber aus Gesprächen, dass solche Vorgehensweisen durchaus nicht völlig exotisch sind. Ich vermute, es ist ein protokollarisches Problem für die Firma, die Kommunikation dieses Sachverhalts beim Kunden dem scheidenden Mitarbeiter zu überlassen. Es ist eh schon blöd und lästig, das kommmunizieren zu müssen, und wenn der scheidende das selber macht, steht die Firma vorm Kunden womöglich noch blöder da. Am Ende nimmt der noch Geschäft zu seinem neuen Brötchengeber mit (was zumindest in kreativen Bereichen so unüblich ja nicht ist).
Wenn ich es selbst sagen dürfte, wäre es ja ok, aber selbst das habe ich verboten bekommen.
Offen kommunizieren, was sonst?
Davon ausgehend, dass die Firma, bei der Sie derzeit unter Vertrag stehen, trotz Ihres schmerzlichen Abgangs ihre Geschäfte nicht einstellen wird, muss diese das Interesse haben, den Kunden einen Nachfolger zu präsentieren, von dem die Kundschaft erwarten darf, dass er/sie entsprechend – auch von Ihnen – gut in die Materie eingearbeitet wurde. Schafft und erhält Vertrauen.
Da ihr jetziger Arbeitgeber befürchten muss, dass Sie zum Wettbewerb wechseln, ist es ungewöhnlich, dass er keine Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses erwägt.
Was hält Sie davon ab, „Ihren“ Kunden reinen Wein einzuschenken?
Der Kapazitätsengpass hier ist zu groß, als dass irgend jemand freigestellt wird. Die Situation ist sogar noch brisanter, da ich nicht zum Wettbewerb, sondern auf die direkte Kundenseite wechsle. Und zwar mit selbem Mutterkonzern wie der aktuelle Kunde.
Ich habe vom Ausscheiden meines Ansprechpartners beim Kunden erfahren, bevor er zum letzten Mal das Büro verlassen hat. Scheint also gang und gäbe zu sein.
Übergangszeiten will kein Unternehmen, meine ich.
Und waren Sie glücklich damit?
Das einzige was ich mir vorstellen kann ist, dass man blöde Fragen seitens des Geschäftspartners vermeiden will. Aber die kommen so oder so. Daher ergibt es wieder keinen Sinn.
Ist nicht unüblich. Und Herr Mark liefert die Erklärung. Man möchte den aktiven Part. Und es selber kommunizieren. Ob sinnvoll oder nicht.
Update: Ihre konkrete Situation ist natürlich ungewöhnlich.
Bei mir verkompliziert es sich sogar so weit, dass der jetzige Kunde und mein neuer Chef eh im gegenseitigen Austausch sind. Alles gleiches Fachgebiet...
Das ist so der Punkt, wo ich anstelle meiner aktuellen Firma von vornherein mit offenen Karten gespielt hätte.
Aber man kann keinen zu seinem Glück zwingen. Ich lehne mich bei diesem Thema inzwischen zurück und genieße das Kasperle-Theater.
Frage: Können Sie, lieber Herr Gross, bei ihrer Weggang auch nicht die Kunden mitnehmen? Dann ist das Problem gelöst.
Gruß, T.
Nö, ich werde zum Kunden. Ich darf dann meine alten Kollegen triezen. Noch besser.
Die Kunden sind auch zu groß zum mitnehmen ;-)