Man kann ja nicht reinschauen!
Ich kann aber beschreiben was drin ist!

Also das mit der Malerei ist ja so was. Man nimmt sich was vor -Motiv, Technik, Darstellung, Farben-, geht so langsam vom gedanklichen, zum physischen Prozess über. Und dann fängt was zu laufen an, was sich seinen Weg eigenständig wählt, ohne Rücksicht auf die ursprünglichen Absichten.

Grundsätzlich übt die figürliche Darstellung einen gewissen Reiz aus. Ich kann es mir nur so erklären, dass der Funke, der überspringt, wenn aus Papier, Gekritzel und Geschmiere plötzlich ein Körper, eine Person entwächst, deutlich größer ist, als wenn dabei eine Schale voll Äpfel rauskommt.

Die Person... gut, man unterliegt als Hobbymaler gewissen Restriktionen. Es könnte möglicherweise zu ehelichen Missverständnissen führen, wenn da plötzlich entgeltlich Modell gesessen würde ;-) Nein, das ist es auch gar nicht. Es ist mehr der Pragmatismus, dass man selbst zur Verfügung steht, wenn der künstlerische Tatendrang besonders hoch ist. Außerdem bin ich mir bei informationeller Selbstbestimmung schnell einig und schmolle auch nicht, wenn das Auge hängt, die Nase schief gerade ist. Anonyme oder -noch schlimmer- prominente Vorlagen scheiden völlig aus.

Der Stil... ich habe eigentlich recht genaue Vorstellungen, wo ich hin will, bringe da aber mitunter die Pigmente noch nicht so aufs Papier, wie ich mir das vorstelle. Mein Ziel ist eigentlich eine feine und detaillierte Darstellung mit möglichst grobem Pinselduktus. Es gibt viele Expressionisten, die das in Öl perfektioniert haben. Ein Beispiel: hier geht es eigentlich schon recht gut in die Richtung, die ich anstrebe. Mit grobem Strich und Spritzern wird trotzdem ein recht realistisches Bild geformt. Doch all zu schnell lande ich dann doch wieder bei einer "nur" realistischen Darstellung, siehe unten. Das Gefrickel und Ausgefummel von Details hat mir auch schon immer gelegen. Aber da will ich ja gar nicht hin!
Erzwingen lässt sich das schon gar nicht, sonst kommt so was bei raus: die figürliche Darstellung ist eigentlich recht mies, das "Geschmiere" schafft ehrlicherweise keine realistischen Momente. Klar kann man ein wenig Dynamik, Linienführung analog zu einer gedachten Bewegung darin sehen, aber der Abgleich mit den anfangs gestellten Zielen, entlarvt die Themenverfehlung. Klar, Bild ist lustig, bunt, komisch gehüpfte Pose, kurz gelacht, ich bin mir ja für die unterdurchschnittliche Qualität -wie oben erwähnt- nicht böse und weiter zum nächsten Bild.

Eine mögliche Hürde auf dem Weg zum angestrebten Bild, ist die Tatsache, dass ich ein fauler Hund bin. Man hat ja auch so wenig Zeit, ein Tag, ein Monat, ein Jahr ist so schnell vorbei! Und ungeduldig bin ich, ich will Output. Daher fällt bei mir die konzeptionelle Phase völlig flach. Sehe ich Blogs anderer Maler, wird da haufenweise geübt, gezeichnet, Skizze Arm hier, Hand dort, Detail verspielte Finger, Studie der Lippen... grob den Farbauftrag ausprobiert und die Farbpalette festgelegt...
Das gibt es bei mir alles gar nicht. Da wird eine Fotovorlage geknipst (die darf niemand sehen! Man muss da ja immer so dämlich kucken, bzw. mache ich das automatisch, sonst wirkt es nicht seriös. Meint man.) Ausschnitt gewählt, Anatomie übertragen und dann mit beschriebenem Ziel (grober Strich, realistische Details) drauf los geschmiert.

Dass ich kein Profi bin zeigt die Streuung des Stils der letzten Wochen. Aber das ist gar nicht schlimm, macht mir trotzdem Spaß. Und wenn mal wieder die "Entwicklung" gelobt wird, muss ich natürlich unzufrieden sein. Das Geleistete ist ungenügend, es muss besser werden. Sonst wäre ich ja fertig, könnte den Malkasten zuklappen und verkaufen. Das will auch wieder keiner. Heißt natürlich nicht, dass ich mich über positive Kommentare nicht freue. Ich würde mich aber nicht minder freuen, schriebe jemand, dass das alles gequirlte Scheiße sei. Ingres, der hat wenigstens noch gemalt! Das war noch Kunst!
Nur raus damit. Vermisst jemand die "Comics"?
Man kann nicht alles haben.
Danke.
Für das Verständnis ;-)




nixloshier am Di, 17.04.2012, 01:35  |  Permalink
gib mir mehr texte, mehr comics, mehr realismus, mehr expressionismus, mehr gefrickel, mehr details, mehr gehüpfe, mehr lachen, mehr skizzen, mehr studien, mehr pigmente, mehr entwicklung, mehr gequirlte scheiße! gib mir mehr!

hr.gross am Di, 17.04.2012, 08:16  |  Permalink
Hihihi...
...Dein Wunsch sei mir Befehl :-)

seemuse am Do, 19.04.2012, 01:27  |  Permalink
ich mag Ihre kleinigkeiten
würds nicht schon da stehen, würde ich das auch schreiben, das vom "gib mir mehr". nur eins noch: lassen Sie das gespritze weg.

hr.gross am Do, 19.04.2012, 01:31  |  Permalink
Danke!
Meinen Sie auch das Verlaufe oder nur das Gespritze?

seemuse am Do, 19.04.2012, 01:45  |  Permalink
ich meine nur die sprizer. die wirken oft uninspiriert, so als wären sie ein verlegenheitsakt weil man das gefühl hat, es fehle dem bild noch etwas. ich habe zu beginn meiner aquarellmalerei auch herumgepritzt was das zeug hält (und bei einer ausstellung hat dann ein besucher gemeint: und wenn du die spritzer weglässt, sind deine bilder richtig gut. und das nahm ich mir zu herzen und fand nach einiger zeit: er hatte recht) das verlaufen find ich gut. kennen sie die aquarelle von
charles reid? an diese erinnern mich manchmal Ihre bilder.

hr.gross am Do, 19.04.2012, 01:53  |  Permalink
Aha!
Danke für die Anregung. Den Herrn Reid kannte ich nicht, wobei er hier ein Bild mit wenigen Strichen hat, welches auf mich sehr überzeugend wirkt (das geht ein wenig in die Richtung, was ich als Ziel beschrieben habe, wobei meine Vorstellungen "wilder" waren).
Note to myself: weniger ist mehr.
;-)

seemuse am Do, 19.04.2012, 01:57  |  Permalink
charles reid ist ein meiser seines fachs.
die kunst des weglassens, jaja, daran beiß ich mir auch die zähne aus *g*
gutes gelingen weiterhin!