Stadtverkehr.
Als ich heute mit dem vollbeladenen Bullitt vom Baumarkt heimradelte, kam es wieder zu der klassischen Situation: Autos müssen auf dem Weg vom Parkplatz auf die Straße über den Fuß- und Radweg. Und viele Autofahrer scheinen sich schwer zu tun sich im Vorfeld vorstellen zu können, dass es Fußgänger und Radfahrer gibt. Zumindest kann ich es mir nicht anders erklären, dass sie sehr häufig auf dem Radweg stehend auf eine Lücke im Verkehr warten, um sich auf der Hauptstraße einfädeln zu können. Mit der breiten Kiste des Bullitts kam ich auf den 30 mir vom Radweg verblieben Zentimetern, nicht vorbei und so blieb ich ruhig, ohne Grimassen, ohne Gestikulieren gut 10 Meter vor dem Auto stehen um genügend Platz zu lassen, dass noch jemand in den Parkplatz hineinfahren könnte, und wartete, dass sich das blockierende Fahrzeug gen Hauptstraße entfernte. Da wegen des starken Verkehrs die Flucht nach vorne jedoch nicht so recht gelang, legte der Fahrer in seiner Not den Rückwärtsgang ein und startete durch. Natürlich war hinter ihm eine ganze Schlange und der Fahrer des zweiten Fahrzeugs, setzte reaktionsstark seinerseits den Rückwärtsgang ein. Dann kam jedoch ein Fahrzeug an die Reihe, welches am Autoballett nicht teilnahm und daher eine überraschende Begrenzung für das zweite Fahrzeug darstellte.
Wer wen wie stark berührte, bekam ich in dem ganzen Gehupe dann nicht mehr mit, da ich lieber den für mich frei gewordenen Weg nach vorne nutzte.
Ich möchte nicht zu sehr über die Pechvögel spotten, war der Ansatz doch ein ehrbarer, sehe darin aber ein anschauliches Beispiel, dass eigentlich auch Autofahrern daran gelegen sein sollte, dass Radfahrer eine angemessene Infrastruktur erhalten. In diesem Beispiel hätte ein klar gekennzeichneter Radweg mit entsprechenden Markierungen und viel Farbe viel Ärger erspart.
Bedenkt man, dass im Normalfall der Ärger ausschließlich auf der Seite des Radfahrers entsteht, kann man evtl. ein wenig nachvollziehen, dass wir Radfahrer von Zeit zu Zeit den strukturellen Nachteil (z.B. 2 Sekunden vs. 1 Minute grüne Ampel) durch flexible Regelauslegung kompensieren.
Mein Plädoyer geht daher in Richtung: Städte gleichberechtigt unter allen Menschen aufteilen, deregulieren (nicht noch mehr Ampeln und Schilder) und mehr Hirn+Rücksicht auf allen Seiten.
Das Plädoyer mag widersprüchlich zu meinem Vorschlag Radwege besser zu markieren zu sein, aber da bisweilen Hirn knapp ist, ist ein bisschen Farbe eine akzeptable zweitbeste Lösung.
qed
hr.gross am Fr, 10.05.2013, 22:56
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die farbe auf den radwegen hilft leider auch nix. habe wir hier vor der tanke. letzte woche hat einer das kind umgefahren weil er garnicht guckte. zum glück ist ausser einigen blauen flecken nichts passiert.
die kommentare der autofahernden zeugen lauteten etwa so:
"das kann ja mal passieren dass man radfahrer nicht sieht!" musste mich sehr beherrschen!
Das ist, was mich an unverantwortlichem Autoeinsatz besonders ärgert: der Schaden, den man mit einem Auto anrichten kann, ist ziemlich groß. Fahre ich mit dem Rad dagegen in ein Auto, bekommt das Auto nur eine Beule.
Die Ansprüche an beide Parteien sind die selben, aber man sollte immer bedenken, was man anrichten kann.
Stört mich hier z.B. bei vielen Radfahrern: wir haben ein paar Durchfahrten an Radwegen, in denen man nicht sehen kann, ob dahinter von links oder rechts was kommt. Da fahren mir regelmäßig andere Radler fast hinten rein, weil sie nicht damit rechnen, dass dort jemand bremsen könnte.
Das liegt nicht unbedingt an mangelnder Vorstellungskraft seitens der Autofahrer, sondern oft genug an fehlender Sicht (zum Beispiel durch parkende Autos auf Parkstreifen). Deshalb muss man dann soweit vorfahren - also auf den kombinierten Fußgänger-/Radweg -, um zu sehen, ob Autos kommen. Außerdem ist es gerade auf stark befahrenen Straßen schwierig, sich in den Verkehr einzufädeln, weil sich nur kurz Lücken zwischen den fahrenden Autos auftun, in die man hineinschlüpfen könnte. Das ist der zweite Grund, warum viele Autofahrer so weit vorfahren und dann mitunter Radfahrern die Spur blockieren. Der dritte Grund ist: Man dachte, man schaffe es noch, hat es dann aber doch lieber gelassen und steht nun dummerweise im Weg.
Das stimmt alles und zeigt auch, dass das Rad auf dem Gehweg falsch aufgehoben ist. Auf den letzten 3 Kilometern meines Arbeitsheimwegs besteht der Radweg ungelogen sicher zu 30-40% aus querenden Ausfahrten. Viele Autofahrer geben sich hier auch tatsächlich Mühe den Weg gleich wieder freizumachen und legen den Rückwärtsgang ein, aber manche die fahren kein Stück vor oder zurück und bleiben mittig stehen. Hier überlege ich mir manchmal, wie Autos wohl reagieren würden, wenn ich zum abbiegen ihre einzige Spur blockieren würde.
Aber hier fand interessanterweise sogar ein Umdenken beim Gesetzgeber statt, der die letzten Jahre klar formulierte, dass das Rad auf die Straße gehört. Natürlich sollen die Räder nicht einfach so auf die Straße, aber ein an die Autoführung angepasster Radweg führt sicher zu weniger Frust auf beiden Seiten, als ein Radweg auf dem Gehsteig.
Erst dieses Jahr hat man sogar formuliert, dass Radfahrer und Fußgänger ampeltechnisch vermehrt getrennt werden sollen. Auch das begrüße ich sehr.